Mit dem Gesetzentwurf soll das Schulgesetz an aktuelle Entwicklungen angepasst werden. Er erfüllt schulpolitische Zielstellungen und setzt notwendige weitere Änderungen um. Er berücksichtigt auch Vorgaben des Koalitionsvertrages, des vom Ministerpräsidenten einberufenen bildungspolitischen Dialogs vom 19. Januar 2023 sowie der Kultusministerkonferenz. Ziel der aktuellen Schulgesetznovellierung ist es, eine möglichst umfassende, tragfähige und zukunftsgerichtete Unterrichtsstruktur und Unterrichtsversorgung zu erhalten.
Bildungsministerin Eva Feußner: „Mit dieser Schulgesetznovelle stellen wir sicher, dass unsere Bildungslandschaft den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht wird. Wir setzen auf moderne Bildungskonzepte, stärken die Bestandsfähigkeit von Schulstandorten im ländlichen Raum und schaffen die Grundlage für digitale und praxisorientierte Lehr- und Lernformen. Wir aktualisieren wichtige Elemente unseres Schulsystems, um unseren Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf ihre Zukunft vorzubereiten.“
Wichtige Eckpunkte der aktuellen Schulgesetznovelle:
Fusion von Schulstandorten zu einem Schulverbund und Kooperationen
Der neue § 9a ermöglicht Schulen, die nicht mehr bestandsfähig sind, mit einer anderen Schule derselben Schulform zu fusionieren (Schulverbund). Diese Möglichkeit bestand bisher nur für Grundschulen. Damit wird insbesondere im ländlichen Raum eine wohnortnahe Beschulung sichergestellt.
Zudem ermöglicht der neue Paragraph die Kooperation von Jahrgängen der Sekundarstufe II mit gleichen Jahrgängen anderer, bestandsfähiger Schulen derselben Schulform, wenn die notwendige Klassenstärke ansonsten nicht erreicht werden würde. Dadurch bleibt ein ausreichendes Kursangebot gewährleistet und die Schülerinnen und Schüler können an ihrer bisherigen Schule bleiben, ohne kurz vor dem Abschluss wechseln zu müssen.
Zudem können bestandsfähige Schulen unterschiedlicher Schulformen miteinander kooperieren, mit dem Ziel, die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu erhöhen und mehr Schülerinnen und Schüler zu Schulabschlüssen zu führen.
Besonderes Anerkennungsverfahren für Lehrkräfte im Seiteneinstieg
Der neue Absatz 4 des § 30 setzt den Auftrag der Koalitionsvereinbarung zur Flexibilisierung der Einstellungen von Lehrkräften um. Er ermöglicht die Zulassung von Personen ohne Lehramtsbefähigung (Lehrkräfte im Seiteneinstieg), um den Lehrkräftebedarf zu decken.
Mit dem Ziel der Qualifizierung und deren Anerkennung haben Lehrkräfte im Seiteneinstieg, die keinen Lehramtsabschluss erworben haben, ein besonderes Lehreranerkennungsverfahren zu durchlaufen. Genaueres wird durch eine Verordnung zu regeln sein.
Digitale Lehr- und Lernformen
Bislang gab es im Schulgesetz keine explizite Regelung zur Nutzung von digitalen Lehr- und Lernformen. Mit dem neuen § 10b wird eine entsprechende Bestimmung in das Schulgesetz aufgenommen, die den Anforderungen an die fortschreitende Digitalisierung Rechnung trägt. Damit können nach Entscheidung der Schule digitale Lehr- und Lernformen an die Stelle des Präsenzunterrichts treten oder diesen ergänzen. Diese Regelung kommt auch dem entsprechenden Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nach.
Stärkeres Bildungsmonitoring durch zentrale Klassenarbeiten
Zentrale Klassenarbeiten dienen der Feststellung individueller, fachbezogener Schülerleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Schullaufbahn und sind daher für die Qualitätssicherung von herausragender Bedeutung. Durch ihren Lehrplanbezug und ihre Bewertungsrelevanz beeinflussen sie die Unterrichtsgestaltung maßgeblich. Sie sind fest integrierte Elemente der Qualitätsfeststellung und -entwicklung im Schulwesen Sachsen-Anhalts und ein grundlegender Bestandteil eines umfassenden Bildungsmonitorings. Mit dem neuen § 11a Abs. 4a wird die Möglichkeit geschaffen, zentrale Klassenarbeiten nicht mehr nur im sechsten Schuljahrgang, sondern auch flexibel in anderen Jahrgangsstufen und Fächern außerhalb der Kernfächer Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache durchzuführen.
Duales Lernen im Regelsystem
Die bislang als Modellvorhaben erprobten Formen des dualen Lernens („Produktives Lernen in Schule und Betrieb“ und „Praxislerntag“) erhalten mit dem neuen § 13b eine dauerhafte rechtliche Grundlage. Damit erfüllt der Gesetzentwurf die Forderung des Koalitionsvertrages, den Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne einen Abschluss verlassen, nachhaltig zu senken. Als Maßnahmen sollen die bewährten Projekte der Praxisorientierung „Produktives Lernen“ und „Praxislerntag“ weitergeführt und an möglichst vielen Schulen mit Bedarf etabliert werden.
Berufsbildende Schulen als regionale Kompetenzzentren
Berufsbildende Schulen können künftig als regionale Kompetenzzentren erweiterte regionale Bildungsangebote für Ausbildung, Umschulung sowie Fort- und Weiterbildung übernehmen. Damit wird die Rolle der berufsbildenden Schule als Partner der regionalen Wirtschaft gestärkt und die Vernetzung in der Region gefördert, wie im Koalitionsvertrag gefordert.
Gründung einer internationalen Ergänzungsschule
Erstmals wird die Gründung internationaler Ergänzungsschulen in Sachsen-Anhalt ermöglicht. Der neue § 18d erlaubt die Gründung einer ausländischen oder internationalen Schule, an der ein Abschluss eines EU-Mitgliedsstaates oder ein international anerkannter Abschluss erworben werden kann.
Anpassung datenschutzrechtlicher Regelungen
Damit der Übergang von der Schule in eine Ausbildung nahtlos gelingt, erlaubt § 84a Abs. 8 die Übermittlung von Daten Jugendlicher ohne konkrete berufliche Anschlussperspektive an die Agenturen für Arbeit. Diese können den Jugendlichen spezielle Angebote unterbreiten.
Wegfall der Gastschulbeiträge
Wird eine Schule von Schülerinnen und Schülern aus dem Gebiet eines anderen Schulträgers besucht, war der aufnehmende Schulträger bislang berechtigt, von den für die auswärtigen Schülerinnen und Schüler zuständigen Schulträgern einen kostendeckenden Beitrag – sog. Gastschulbeiträge – zu verlangen. Die Schulträger haben darauf hingewiesen, dass die aktuellen Regelungen zu den Gastschulbeiträgen nicht mehr zeitgemäß sind. Insbesondere wurde angemerkt, dass sowohl der abgebende als auch der aufnehmende Schulträger einen erheblichen Verwaltungsaufwand betreiben müssen, um die entsprechenden Kosten zu ermitteln bzw. zu prüfen. Daher fallen diese Beiträge nun weg (Streichung des § 70 Abs. 2), was einen Bürokratieabbau nach sich zieht. Zudem können die Kommunen durch den Wegfall der Gastschulbeiträge entsprechende Personalstellen, die zur Bearbeitung der Gastschulbeiträge notwendig waren, einsparen und an anderen Stellen einsetzen.
Hintergrund:
Die Frist zur Anhörung endet am 9. Juli. Am 13. August erfolgt die zweite Befassung mit dem Gesetzentwurf im Kabinett, bevor er dem Landtag von Sachsen-Anhalt übermittelt wird.
Die letzte große Schulgesetznovelle trat 2018 in Kraft (14. Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes).